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Die Geschichte des Füllers

« Wie sich das Schreibgerät entwickelt hat »

Wer schon einmal mit einem Gänsekiel geschrieben hat, der weiß, wie schwierig das ist. Vom 4. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts dienten Federn als Schreibgerät, Jahr für Jahr wurden etwa 50 Millionen von ihnen verwendet. Die ersten Füllfederhalter waren nicht besser. Aus ihnen lief die Tinte einfach aus und sie klecksten genau dann, wenn es richtig unpassend war. Vielleicht war es daher ein Glück, dass dem Amerikaner Lewis Edson Waterman aufgrund eines Tintenkleckses ein wichtiger Vertrag flöten ging – andernfalls hätte er vielleicht nicht den Füller erfunden. Hier erfahren Sie einiges über die Geschichte des Schreibgerätes, das für uns heute so selbstverständlich ist.

Ein Klecks sorgte für die Erfindung

Ob es tatsächlich stimmt, dass der amerikanische Versicherungsvertreter Lewis E. Waterman durch einen Tintenklecks um ein großes Geschäft gebracht wurde, lässt sich heute nicht mehr zweifelsfrei feststellen. Aber gut erzählt ist die Geschichte trotzdem. Plausibel klingt sie ebenfalls. An ihr lässt sich illustrieren, wie kurz im Vergleich zum Federkiel die Geschichte des Füllers ist.

Federkiel als Schreibgerät
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Waterman jedenfalls bohrte hauchdünne Kanäle in das Griffstück zwischen dem Tintentank und der Schreibfeder. Damit floss die Tinte gleichmäßiger und der erste Füllfederhalter war gewissermaßen erfunden. Das Patent für die Schreibgeräte erhielt Waterman 1884. Bis heute sorgt das bereits von Waterman genutzte Kapillarprinzip dafür, dass im Inneren jedes Füllfederhalters die Tinte via hauchfeiner Kanäle auf das Papier fließt. In den Anfangsjahren verkaufte der Erfinder seine Füllfederhalter im Hinterzimmer eines Zigarrenladens. Weil die Leute nicht so bald an den Erfolg des Schreibgerätes geglaubt haben, musste Waterman ausgiebig Werbung machen. Schon vier Jahre nach Erteilung des Patentes lässt er im kanadischen Montreal eine Fabrik für Füllfederhalter bauen und die echte Erfolgsgeschichte des Füllers kann beginnen. Nur Waterman selbst erlebt ihn nicht mehr. Sein Neffe übernimmt das Erbe, als er 1901 stirbt, bringt den Schreibstift nach Europa und verkauft bald bis zu 350.000 jährlich. Im Lauf der Geschichte löst der Füller schließlich die Schreibfeder und das Tintenfass ab. Mit der Erfindung der Tintenpatronen wird schließlich auch das Tintenfass weitgehend verdrängt.

Waterman, Erfinder des modernen Füllfederhalters

Vom Einzelstück zur Massenware

Waterman bekam schnell Konkurrenz und so wurden auch bald Federhalter von Parker, Soennecken und anderen Marken in den Geschäften angeboten. Für deren Siegeszug war es egal, welcher Hersteller sie fertigte, mit ihnen wurde die Welt des Schreibens revolutioniert. Schüler, aber auch die Geschäftswelt profitierten davon. Auch bei großen Verträgen kamen die Stifte zum Einsatz: So kam zur Unterzeichnung des Versailler Vertrages schließlich ein goldener Waterman zum Zuge. Künstler beeinflussten die Form der Stifte, es wurden neben alltäglichen Materialien auch edle Werkstoffe verwendet. Könige, Präsidenten, Minister und Schriftsteller sind oft im Besitz wertvoller Einzelstücke, manche von ihnen wurden in unglaublich vielen Arbeitsstunden mit der Hand gefertigt und mit Diamanten oder Edelsteinen besetzt. Weil jeder Mensch den Füller in einem leicht veränderten Winkel aufs Papier setzt, gibt es Füllfederhalter mit unterschiedlichen Federn: So findet jeder die Schreibgeräte, die am besten zu ihm und seiner Handschrift passen. Dank Tintentank im Halter war flüssiges Schreiben ohne Abzusetzen kein Problem mehr. Und dank Massenfertigung konnten sich selbst Schüler ein solches Schreibgerät leisten.

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Vom ersten Füller zum lebenslangen Begleiter

Irgendwann kommt für jedes Schulkind der große Moment, an dem es den Bleistift gegen den ersten Füller austauschen darf. Klassischerweise wird für diesen Schreibanfang ein spezieller Schreiblernfüller genutzt. Er ist für die meisten Kinder nach dem Bleistift der erste Schreibstift, wie ihn auch Erwachsene nutzen. Sicherlich kommt für viele Menschen dann der Moment, in dem sie auf andere Stifte umsteigen und lieber einen Kugelschreiber oder einen Roller-Pen benutzen. Doch bis heute sind Füllfederhalter durchaus en vogue, besonders bei denjenigen, die viel und gerne mit der Hand schreiben. Lernen Kinder mit dem Füllhalter schreiben, erwerben sie eine ganz besondere Schreibkompetenz. Diese wirkt sich nicht nur auf die Feinmotorik der Hände, sondern auch auf das Gedächtnis aus. Je sicherer die Feder über das Papier gleitet, desto sauberer werden die Buchstaben. Im Lauf der Zeit entwickelt sich schließlich aus den ersten, noch ungelenken Buchstaben ein ordentliches Schriftbild und schließlich eine eigene, individuelle Handschrift. Das gelingt mit einem Füllhalter wesentlich leichter als mit jedem anderen Schreibgerät.

Faber-Castell Ambition Cocos Füllfederhalter

Die Handschrift zeigt die Persönlichkeit

In der langen Geschichte des Füllers wurden unzählige Liebesbriefe, Rechnungen und viele andere Dokumente mit diesem so vertrauten Stift geschrieben. Die hohe Wertschätzung eines derartigen Schreibens hat sich bis heute erhalten. Das gilt nicht nur für Glückwunsch- und Postkarten, sondern auch für Briefe. Es gibt kaum etwas Individuelleres als die persönliche Handschrift, sieht man einmal von den Fingerabdrücken ab. Daher ist es nicht nur für die Hersteller hochwertiger Stifte ein willkommenes Revival individuell gestalteter Karten und Schriftstücke, sondern auch für Empfänger. Es gibt Schriftsteller, die ihre Texte ganz bewusst handschriftlich verfassen: Martin Mosebach und Peter Handke sind nur zwei von ihnen. Wer mit dem Füllfederhalter schreibt, muss sich ganz anders konzentrieren als jemand, der die Buchstaben auf der Tastatur tippt und diese jederzeit korrigieren und ändern kann. Zum 500. Jahrestag des Lutherschen Thesenanschlags schrieben 2017 mehr als 600 Menschen die von Luther aus der lateinischen Sprache übersetzte Bibel mit der Hand ab. Diese handschriftlich verfasste Bibel umfasst 3626 Seiten in fünf Bänden.

Füllfederhalter, Büchlein mit schöner Schreibschrift
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Die Geschichte des Füllers ist noch lange nicht zu Ende

Auch wenn es manchmal scheinen mag, dass Füllfederhalter und die Handschrift überhaupt auf dem Rückzug sind, während Tastaturen und smarte Oberflächen ihren Siegeszug antreten, täuscht dieser erste Blick. Schreiben Schulkinder mit ihrer Hand, werden nicht nur die Motorik, sondern auch die Sinne und der Geist herausgefordert. Studien zeigen sehr eindrücklich, wie sich damit auch das Lernen selbst verbessert. Gleichzeitig hat sich in der Geschichte gezeigt, dass die Handschrift für die Entwicklung der Persönlichkeit eine entscheidende Rolle spielt. Liebende wissen darum: Wollen sie ihrer Liebe einen ganz besonderen Ausdruck verleihen, nehmen sie den Füllfederhalter und schreiben mit der Hand. Sicher sind Computer und auch Tablets smarte Instrumente, mit denen Kinder kollaborativ lernen können. Trotzdem ist die eigene Handschrift für sie eigentlich unverzichtbar. Daher verstehen es viele Menschen nicht, dass in den Kultusministerien über die Abschaffung der Schreibschrift diskutiert wird. Stattdessen sollen die Schüler möglichst schnell mit allen zehn Fingern auf der Tastatur schreiben lernen. Was jedoch verloren geht, ist die Feinmotorik, die für die unterschiedlichen Bewegungen der Handschrift benötigt werden.

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Fazit: Das richtige Schreibgerät für besseres Lernen

Füllhalter sind für besseres Lernen und leichteres Verständnis genau die richtigen Schreibgeräte, allein schon deswegen, weil beim handschriftlichen Notieren wesentlich mehr Hirnregionen gefordert und beteiligt sind. Die Worte werden als Wortbild gespeichert, so dass weniger Fehler in der Rechtschreibung entstehen. Daher ist die Geschichte des Füllers selbst mit dem Siegeszug von Tablets und Laptops in den Klassenräumen noch lange nicht zu Ende, ganz im Gegenteil.