«Warum unsere Handschrift Ausdruck unserer Persönlichkeit ist»
Ob Post, Kommentar im Netz oder Kurznachricht – der Mensch im digitalen Zeitalter schreibt gerne und viel, doch er tippt meist nur noch. Dabei ist die Handschrift dem Tippen in vielerlei Hinsicht überlegen. Doch wie sieht die Zukunft des Handgeschriebenen aus? Wir haben uns mit der modernen Schreibkultur beschäftigt und werfen einen Blick auf die Rolle der Schreibgeräte in Zeiten von Smartphone, Tablet & Co.
Wie die Schreibkultur Geschichte schrieb
Die Geschichte des Schreibens reicht bis ins Altertum zurück. Das belegen archäologische Funde in Mesopotamien. Schon damals hat man den Worten eine persönliche Handschrift aufgedrückt – und zwar mit einem Griffel auf Tontafeln. Seit etwa 5.000 Jahren setzen wir Schriftzeichen auf Papyrus, einen Vorläufer des heutigen Papiers. Vor allem in Asien wird die Schreibkunst großgeschrieben. Denn Kalligrafie hat in China und Japan den gleichen künstlerischen Stellenwert wie die Malerei. Das ist Schreibkultur in Reinform
Zur Schreibkultur zählt aber auch der Druck. In Europa revolutioniert Gutenberg im 15. Jahrhundert mit der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern das Schreiben und legt damit, ohne es zu ahnen, den Grundstein für die Schreibmaschine und später die Suchmaschine. Im 20. Jahrhundert gibt die Schreibmaschine lange den Ton in Literatur und Verwaltung an, bevor sie zum analogen Alteisen wird. Denn mit dem Computer bricht das digitale Zeitalter an. Es stehen schlechte Zeiten für die Schreibkultur an.
Seit den 1980er Jahren tippt der Otto Normalverbraucher zunehmend Buchstaben auf der PC-Tastaturen. Trotzdem hat der Personal Computer die persönliche Handschrift nicht ganz verdrängt. Für viele steht das handgeschriebene Wort aber auf der roten Liste – und das, obwohl die individuelle Handschrift der Tastatur einiges voraushat.
Was von Hand schreiben im Gehirn bewirkt
Vor allem an Schulen stellt sich die Frage: Sollte man Kindern überhaupt noch das Schreiben mit dem Füller beibringen? Hört man auf die Neurowissenschaften, muss die Antwort ganz klar „Ja“ lauten. Denn Studien belegen: Die Handschrift hält das Hirn auf Trab. Mit den wiederkehrenden Auf- und Abstrichen kommt es zu wichtigen Verknüpfungen im Gehirn. Denn Vorstellungskraft, Kreativität und Erinnerungsvermögen werden angeregt, um schöne und richtige Sätze zu bilden. Sage und schreibe zwölf Gehirnareale sind aktiv, wenn wir einen Stift in die Hand nehmen, um uns auszudrücken. Beim Tippen sind es deutlich weniger. Damit ist von Hand schreiben wichtig für die kognitive Entwicklung.
Ein Grund, die Handschrift zu behalten
Wissenschaftlicher sind sich einig, mit der Hand zu schreiben, fördert die Erinnerungsleistung und lässt kreativen Ideen freien Lauf. Ersteres haben Sie bestimmt selbst schon einmal bemerkt. Ob Einkaufs- oder Spickzettel, hat man die Notiz mit der Hand geschrieben, braucht man später oft gar nicht mehr auf das Papier zu blicken, weil die Information längst im Gehirn abgespeichert ist. Denn beim Schreiben mit der Hand zeichnen Sie tatsächlich jeden Buchstaben einzeln und wissen später oft sogar, wo auf dem Papier die Information zu finden ist. Viele Universitätsprofessoren sprechen sich deshalb auch für handgeschriebene Mitschriften aus, da der Stoff so besser behalten wird als auf dem Notebook. Ein weiterer Vorteil: Es klackert weniger im Hörsaal. Auf diese Weise wird die Schreibkultur handschriftliche Lernkultur.
Schreiben mit Fingerspitzengefühl
Damit das Geschriebene aber auch leserlich ist, muss die Feinmotorik im Umgang mit dem Füller geschult werden. Laut einer 2015 durchgeführten Umfrage an deutschen Schulen hat jedes dritte Mädchen und jeder zweite Junge Schwierigkeiten mit dem Handschreiben. Denn eine persönliche Handschrift hat man nicht einfach, man muss sie trainieren. Dazu gehört auch das Experimentieren mit den Schriftzeichen. Schreibkultur ist hier mehr Übung denn Kunst, aber durchaus wichtig für die Entwicklung. Inzwischen liegt der Fokus im Unterricht nicht mehr auf dem Schönschreiben. Denn „Schönheit“ lag früher vor allem im Auge des Lehrkörpers. Damit haben Kinder heute zwar mehr Freiheiten, müssen sich aber auch selbst motivieren, den Stift in die Hand zu nehmen. Trends wie Handlettering leisten der Schreibkunst und damit der Schreibkultur zum Glück neuen Vorschub. Sie fördern aber auch nur bei jenen das Schriftbild, die eben dieses Hobby ergreifen.
Dabei kann jeder seine individuelle Handschrift mit Gefühl füllen und so formen, dass sie leicht von der Hand geht. Denn die eigene Handschrift muss auch ergonomisch sein. Sobald man die lateinische Ausgangsschrift einmal erlernt hat, stilisiert der Mensch die Schrift, um seine ganz persönliche Note und Schriftart zu bilden – inklusive Richtungswechseln und Vereinfachungen, um auf dem Papier voranzukommen. Solange das Geschriebene lesbar bleibt, ist bei diesem „Personal Font“ eigentlich alles erlaubt. Dann wird das Handgeschriebene zum Ausdruck der Persönlichkeit.
Persönliche Botschaften – mit der Hand geschrieben
In bestimmten Situationen entfaltet mit feiner Feder Geschriebenes bis heute große Wirkung. Ob mit Füllhalter oder Kugelschreiber verfasst – ein handgeschriebener Brief übermittelt bereits vor dem Lesen herzliche Grüße. Liebe Botschaften kommen handgeschrieben einfach besser an. So macht das Herz auch beim Schreibenden nach dem Absetzen einen kleinen Sprung: Man freut sich über das, was man gerade mit viel Liebe zum Detail zu Papier gebracht hat und zelebriert die Schreibkultur.
Für besonderes Schreibvergnügen greifen Sie zu individuellen Schreibgeräten. Denn erst die passende Federstärke oder Mine verleiht dem persönlichen Schriftbild die richtigen Proportionen. Bei namhaften Herstellern wie TWSBI und Kaweco können Sie aus einer Vielzahl von Modellen wählen, um Ihre Persönlichkeit beim Schreiben zu unterstreichen. Wer eher zierliche Buchstaben formt, verwendet eine extra feine bis feine Feder. Ein großes Schriftbild untermauern Sie mit einer breiten Feder. Die Federstärke breit bietet sich zudem für Unterschriften und kunstvoll gestaltete Überschriften an. Der Allrounder ist der Füllhalter mit Medium-Feder. Probieren Sie am besten mehrere Schreibgeräte aus, um das für Sie passende Modell zu finden.
Schreibkultur analog und digital – kein Widerspruch am Schreibtisch
Trotzdem bleibt die Frage, ob das Handgeschriebene in Zeiten des Smartphones nicht langsam ausgedient hat. Denn Tastatur und Tinte gelten als unvereinbare Widersprüche. Dabei lässt sich das Beste aus den zwei Welten – analog und digital – durchaus vereinen und kommt wiederum einem Kompromiss in Sachen Schreibkultur gleich. Die Hybridform des Schreibens findet bereits statt: auf dem Touchscreen. Spezielle Schreibgeräte mit eingebautem Chip machen das handgeschriebene Wort auch auf den digitalen Geräten möglich.